MIRKKOMM: Wie rezipieren Bürger*innen und Behördenmitarbeiter*innen multimodale Risiko- und Krisenkommunikation?

BMBF-gefördertes Forschungsprojekt im Rahmen des Forschungsverbundes MIRKKOMM - Multimodalität in der Risiko- und Krisenkommunikation
Pressestelle KIT

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Kommunikation zwischen Behörden, Medien, Wissenschaft und Bevölkerung einen entscheidenden Faktor der Krisenbewältigung darstellt.
Was sind die Kriterien für eine gelungene Kommunikation, die zu einer Überwindung der Krise beiträgt, indem sie das Vertrauen der Bevölkerung in staatliches Krisenmanagement stärkt und lösungsbezogene Verhaltensweisen fördert?

Das Projekt „Analyse der Rezeption multimodaler Krisen- und Risikokommunikation durch Bürger*innen und Behördenmitarbeiter*innen“ untersucht diese Frage seit November 2021 empirisch aus der Adressatenperspektive – also wie Bürger*innen einerseits und Behördenmitarbeiter*innen andererseits Kriseninformationen rezipieren und welche kognitiven und affektiven Effekte diese auf sie haben. Das Projekt trägt dazu bei, die Defizite in der behördlichen Kommunikation, wie sie in der Corona-Pandemie aufgetreten sind, künftig durch adressatenangemessene Angebote zu beheben.

Laborstudie und Online-Umfrage zu multimodaler Kommunikation

Geleitet wird das Projekt am KIT von Professorin Dr. Annette Leßmöllmann, vom Department für Wissenschaftskommunikation und Professor (em.) Dr. Hans-Jürgen Bucher, der aufgrund der Projekteinwerbung vom KIT zum Distinguished Research Fellow ernannt wurde. Das Projekt ist Teil eines Forschungsverbundes, der mit einer Förderung von über 2 Mio. Euro das komplexe Geflecht der Krisen- und Risikokommunikation in einer Pandemie in acht Teilprojekten aus Perspektiven verschiedener Beteiligter analysiert:

  • Sicherheitsbehörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene,
  • Journalismus,
  • Kommunikator*innen in sozialen Medien,
  • Rechtswissenschaft
  • sowie Adressat*innen, für die das Projekt am KIT zuständig ist.

Besonders am Forschungsvorhaben ist, dass es sich mit sogenannten „multimodalen“ Formen der Krisen- und Gesundheitskommunikation befasst, also mit Dashboards, Social Media Content, neuartigen Videoformaten und Visualisierungen, um deren Wirksamkeit zu untersuchen. Dafür wird das Teilprojekt am KIT eine umfangreiche Laborstudie mit Blickaufzeichnungen und Wissenstests, sowie eine Online-Umfrage zur Bewertung und Akzeptanz multimodaler Kommunikationsangebote zum gesamten Forschungsvorhaben beisteuern.

Da in Krisen sowohl Behörden als auch Bürger*innen Handlungsentscheidungen unter oft unsicherer und zum Teil kontroverser Informationslage treffen müssen, soll damit auch herausgefunden werden, mit welchen Kommunikationsangeboten Vertrauen und Glaubwürdigkeit vermittelt werden können. Das Projektteam, zu dem auch Bettina Boy und Johanne Mayer gehören, greift dafür auf Erfahrungen aus früheren Projekten zur Wissenschaftskommunikation zurück.

 

Aktivitäten

MIRKKOMM-Abschlussveranstaltung

Unter dem Titel „Schneller, verständlicher und emotionaler – wie kann die Behördenkommunikation in Krisenzeiten optimiert werden?“ fand am 19. September 2024 die MIRKKOMM-Abschlussveranstaltung im Presse- und Besucherzentrum des Bundespresseamtes in Berlin statt. Vor rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter Vertretungen aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, aus Staatskanzleien verschiedener Bundesländer, Forschungseinrichtungen und Pressestellen sowie des Robert Koch-Instituts, stellten die sechs Teilvorhaben ihre Forschungsergebnisse zu verschiedenen Aspekten der Covid-19-Pandemie vor: zur Behördenkommunikation, zur journalistischen Bearbeitung der Pandemie, zu rechtlichen Aspekten oder zu Diskursstrukturen in der öffentlichen Pandemiekommunikation.

Für das am KIT angesiedelte Teilvorhaben präsentierten Prof. Dr. Hans-Jürgen Bucher und Johanne Mayer zentrale Befunde zur Rezeption multimodaler Risiko- und Krisenkommunikation in sozialen Medien während der COVID-19-Pandemie: Für zukünftige Krisen empfehlen sie, dass öffentliche Institutionen ihre Kommunikation in den sozialen Medien stärker nach funktionalen Anforderungen von Krisen standardisieren und auch emotionale Botschaften vermitteln sollten. Die Profilanalyse der Behördenkommunikation in der Pandemie hat gezeigt, dass Behörden eine Top-Down-Strategie einsetzen, die hauptsächlich aus Informationen und Direktiven besteht. Allerdings belegen die durchgeführten Wissenstests, dass sich soziale Medien am besten zur Vermittlung von Kernbotschaften eignen, weniger für Erklärungen und Hintergrundwissen. Krisenkommunikation in sozialen Medien sollte zudem stärker dialogorientiert ausgerichtet sein, statt auf ein Defizitmodell zu setzen, demzufolge Krisen ausschließlich durch Informationsvermittlung begegnet werden soll. Die Profilanalyse der Behördenkommunikation zeigt auch, dass die multimodalen Potenziale der sozialen Medien – ihre Visualität – nicht hinreichend und nicht funktional genutzt wurden.

Die anschließenden Workshops ermöglichten einen gewinnbringenden Austausch zwischen den Vortragenden und interessierten Behördenvertreter*innen: Diskutiert wurde u.a. darüber, inwiefern Behörden ihre gesellschaftliche Wahrnehmung als seriöse, glaubwürdige Institution riskieren, wenn sie in Krisenzeiten der Aufmerksamkeitslogik sozialer Medien – bspw. durch den Einsatz von Humor – folgen.

 

Ausstellung
Die Ausstellung „#Krisenalltag“ im Museum für Kommunikation in Berlin vermittelt erste Zwischenergebnisse und Erkenntnisse des Projektverbunds (14. Juli bis 15. Oktober 2023)
 
Vorträge
MIRRKOMM-Vortrag auf der DGPuK-Jahrestagung im Mai 2023 in Bremen. 
V.l.n.r.: Martin Löffelholz, Johanne Mayer, Hans-Jürgen Bucher, Johanna Radechovsky, Annett Schulze, Christoph Peter, Finn-Christopher Brüning

 

  • Panel, Vortrag und Podiumsdiskussion:Improvisation statt Routine: Strukturen, Prozesse, Produkte und Rezeption behördlicher Kommunikation zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie“ (zusammen mit Martin Löffelholz).
  • Weiterbildungsveranstaltung bei der Helmholtz Gemeinschaft In Krisen (angemessen) kommunizieren Teil 3: Rezeptionsbezogene Erfolgsfaktoren der Risiko und Krisenkommunikation“ (zusammen mit Annett Schulze, Martin Löffelholz).
  • BBK-Fachkongress „Forschung für den Bevölkerungsschutz“ World Conference Center Bonn – 13. Januar 2023. Vortrag: „Soziale Medien in der Krisenkommunikation. Herausforderungen und Chancen für den Bevölkerungsschutz“ (Gemeinsames Panel mit M. Löffelholz, A. Biegert: Staatliche Risiko- und Krisenkommunikation: Erfolgsfaktoren, Warnsysteme und Nutzung sozialer Medien).
  • Forum Wissenschaftskommunikation, Veranstalter: Wissenschaft im Dialog, Hannover 18.10.2022. Vortrag: „Coronapandemie: Wenn Wissenschaftskommunikation zur Krisenkommunikation wird“ (zusammen mit Annett Schulze, BfR und Christina Leuker, Robert Koch Institut).
 
Publikationen und Medienecho

Projektsteckbrief

Laufzeit: November 2021 bis Oktober 2024

Projektkoordination: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

Fördergeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit"

Fördersumme:

  • Projektverbund "Multimodalität in der Risiko- und Krisenkommunikation – Herausforderungen, Evaluation und Optimierungsoptionen der Inhalte und Formen behördlicher und medialer Informationsvermittlung" (MIRKKOMM): 2,1 Mio. Euro
  • Teilprojekt am KIT "Analyse der Rezeption multimodaler Krisen- und Risikokommunikation durch Bürger*innen und Behördenmitarbeiter*innen": 418.000 Euro

Verbundpartner:

Beteiligte Wissenschaftler:innen